Die Vollstreckung von Gerichtsurteilen in Ungarn, Unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckung ausländischer Urteile
Autor Herbert Küpper
ISBN 3-9809781-2-5

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Vorwort Das vorliegende Heft leitet eine Reihe von Untersuchungen ein, die sich mit der Vollstreckung von Gerichtsurteilen in den einzelnen osteuropäischen Staaten beschäftigen. Die Zwangsvollstreckung ist nicht nur ein „Anhängsel“ des Zivilprozesses, sondern ein zentraler Teil des Rechts und der Rechtskultur, in dem sich die Fähigkeit des Staates zum Ausgleich konfligierender Interessen seiner Bürger bewähren muss. In der Vollstreckung aktualisiert sich das Gewaltmonopol des Staates, der vom Einzelnen nur dann Verzicht auf Selbstjustiz verlangen kann, wenn er selbst dessen rechtmäßige Ansprüche effektiv durchsetzt. Des Weiteren ist eine funktionierende Durchsetzung von Forderungen Teil des unerlässlichen Rechtsrahmens, den eine moderne Marktwirtschaft benötigt. Schließlich steigt mit der Integration der osteuropäischen Volkswirtschaften in den europäischen und den Weltmarkt die Notwendigkeit, ausländische Gerichtsurteile in diesen Staaten zu vollstrecken. Damit dringt in einem gewissen Maße ausländische Hoheitsgewalt in den innerstaatlichen Rechtsraum ein, und die Akzeptanz der Vollstreckung ausländischer Urteile im geschriebenen Recht und in der Praxis ist ein guter Indikator für die tatsächliche Öffnung der innerstaatlichen Rechtsordnung gegenüber internationalen Integrationsprozessen.

Die vorliegende erste Studie zum Zwangsvollstreckungsrecht in Osteuropa behandelt Ungarn. Ungarn ist für die deutsche und vor allem für die bayerische Wirtschaft einer der wichtigsten Partner in Osteuropa. Das Handelsvolumen ist bedeutend und wächst beständig. Damit nehmen die bilateralen Geschäftskontakte zu. Mit wachsender wirtschaftlicher Verflechtung steigt die Zahl der deutschen Urteile, die in Ungarn vollstreckt werden sollen oder müssen. Eine Untersuchung des Vollstreckungsrechts in Ungarn ist daher nicht nur von akademischem Interesse.

Ungarn hat Mitte der 1990er Jahre ein sehr modernes und im Wesentlichen gläubigerfreundliches Zwangsvollstreckungsrecht geschaffen. In zahlreichen Details ist das Bestreben des ungarischen Gesetzgebers spürbar, der Zwangsvollstreckung „Biss“ zu verleihen. Diese ungarischen Lösungen sind in Teilen durchaus als Vorbild auch für eine deutsche Reformgesetzgebung geeignet. Zugleich verweist das spürbare Vollzugsdefizit auf Schwächen einer Rechtskultur, die unterschwellig in Manchem noch von fortdauernden Hinterlassenschaften sozialistischen Rechtsdenkens geprägt ist.

Untersucht wird in dieser wie in den folgenden Studien zur Zwangsvollstreckung in Osteuropa zunächst die Vollstreckung inländischer Urteile. Diese Regelungen sind der Ausgangspunkt, an die die Vorschriften zur Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen anknüpfen. Ohne die Kenntnis des rein inländischen Vollstreckungsverfahrens bleibt der folgende Teil über die Durchsetzung ausländischer Urteile unverständlich, denn die diesbezüglichen Regeln verweisen häufig auf die innerstaatliche Vollstreckung. Mit der ausführlichen Darstellung der inländischen Vollstreckungsverfahren schließen die Untersuchungen zur Zwangsvollstreckung in Osteuropa eine Forschungslücke nicht nur der deutschsprachigen Rechtsvergleichung. Sie sind eingebettet in die forost-Forschungsgruppe I „Wirtschaftliche, rechtliche und sprachliche Faktoren der europäischen Integration“ und deren Themenschwerpunkt „Interessensausgleich“. Außerdem stehen stehen sie in eingem Zusammenhang mit der forost-Forschungsgruppe II „Vertrauen als Voraussetzung wirtschaftlicher und sozialer Integration“. Schließlich knüpfen sie auch an die Studien zur Justizreform in Osteuropa an, die in der ersten Phase des Forschungsverbunds forost erstellt wurden.



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